Kapitel 1
   
  Um was geht es?
  "Du bewunderst ihn vielleicht, aber du willst ihm nicht nachfolgen."








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Am 9. Mai 2009 stellten in der ARD-Themenwoche "Ist doch Ehrensache!" Anne Gesthuysen und Sven Lorig, Menschen mit sozialer Verantwortung vor, so z. B. Frau Elisabeth Stenmans, die 32 Kinder adoptiert hat. Diese Themen helfen mit aus der Krise, helfen die Welt zu verbessern. Die Sendung am 17. Mai 2009 bei Phoenix im Forum am Pariser Platz hatte das Thema: "Deutschland in der Krise -Ende der Solidarität?" Vom Bischof Wolfgang Huber war zu hören, dass staatliche Regulierung und aktive Bürgergesellschaft zusammen gehören, usw. Aber diese Art Gespräche, Diskussionen, Appelle, Botschaften, usw. brachten in der Vergangenheit nicht die notwendige Umkehr, weil die zweite Seite der Medaille ausgeblendet wird, nicht zur Sprache kommt, z. B. auf was verzichte ich persönlich für das Gemeinwohl, für mehr Gerechtigkeit, für den Frieden in der Welt. Auf die Möglichkeit zu spenden, kam nur ganz kurz im Forum der Historiker Prof. Paul Nolte, dass man von Klaus Esser eine Stiftung erwarten könne. Erich Kästner (1899-1974): "Das, was man tut, sind selten Taten, das, was man tut, ist meistens Tuerei." Und Jesus (der Lehrer der Welt, nach Albert Einstein): Eins fehlt dir noch…(Lukas 18, 18)

Ludwig Metzger, Mainzer Allgemeine Zeitung vom 19.03.02, Darmstadt. Daraus nur ein Satz: Als Antrieb für sein Engagement nennt Metzger immer wieder seinen Glauben. "Schon während meiner Tätigkeit in der Jugendbewegung hat sich bei mir die Auffassung durchgesetzt, dass die soziale Frage dringend einer Lösung bedarf und ein wahres Christentum - zu dem ich mich bekannte und bekenne - nur verwirklicht werden kann, wenn es sich durch die Tat erweist."

Alfred Delp, kath. Theologe, Jesuit, 1907 - 1945 hingerichtet, als
Mitglied des Kreisauer Kreises: "Von der Übernahme und Erfüllung der Verantwortung hängt es ab, ob es sich wirklich um ein Gebet oder um ein frommes Gerede handelt."

Das Zentrum sozialpolitischer Ethik der Christen: Liebe als Tat.

  • Jesus entgrenzt die Liebe universell und schafft befreiende Gemeinschaft unter Mitmenschen: Samariter und Juden, Heiden und Jahweverehrer, "Fromme" und "Nichtfromme"
  • Er sagt das Gottesreich den Armen zu, hilft dem Hilflosen und sucht die Gemeinschaft zu den Ausgestoßenen. So heilt er am betroffenen Menschen den sozialen Schaden und ruft alle auf, es ihm nachzutun: nicht mit Programmen und Resolutionen, sondern konkret in der Tat.


Lukas 2, 10 u. 11:
… aber der Engel sagte: Fürchtet euch nicht! Ich bringe euch die größte Freude, für alle Menschen: Heute ist für euch in der Stadt, in der schon David geboren wurde, der lang ersehnte Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der Herr. Gott im Himmel gehört alle Ehre; denn er hat den

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Frieden auf die Erde gebracht für alle, die bereit sind, seinen Frieden anzunehmen.


Die konkreten Taten (An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen) sind also ins Visier zu nehmen. Dabei denke ich noch niemals an Pere Diego Jaramillo, Direktor von El minute de Dios in Kolumbien, der unter Teilen versteht: "Abgeben, was man selbst gebrauchen könnte." Das soll fassen, wer es fassen kann. Allein der Überfluss der Reichen für die im Elend lebenden Menschen dieser Welt, würde ja reichen und ein gelebtes Christentum bezeugen.

Im SPIEGEL-GESPRÄCH, 52/1997 sagte der damalige Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba (1930-2000): "Wir sind im freien Fall." Und Prof. Michael Ebertz im März 2001 in Wiesbaden: "Wir bieten eine Ware an, die niemand mehr haben will." Aber das muss ja nicht so bleiben, wir können ja umkehren, Kardinal Joachim Meisner.

Ohne die Anbindung an Gott geht der Mensch sich an die Gurgel. Nichts anderes stellte der ehemalige gläubige Intendant August Everding (1928-1999) fest, für den die frohe Botschaft eine zentrale Rolle spielte. Er meinte sinngemäß: Es geht um die Überwindung der Natur, die zu zähmen ist. Wir werden beherrscht vom Egoismus. Wenn wir die Seligpreisungen (Bergpredigt) wörtlich nehmen, dann widersprechen sie der Natur des Menschen. Nach meiner Natur will ich mich nicht um die Menschen am Rande der Gesellschaft kümmern. Aber meine Kultur, z. B. die Bergpredigt fordert von mir, die egoistische Natur zu verleugnen, zu vergessen und zu einer Kultur des Herzen und des Geistes zu kommen.

Jean Ziegler im Okt. 2003: "Die Landwirtschaft produziere weltweit gegenwärtig Nahrungsmittel für 12 Milliarden Menschen. Dies geschehe bei einer Weltbevölkerung von etwa 6,2 Milliarden. Doch die heutige Weltordnung ist nicht nur mörderisch, sondern auch absurd."
Philosoph Walter Benjamin (1892-1940 Freitod), der sich auf der Flucht vor den Nazis das Leben nahm, pflegte von der Geschichte als einer einzigen Katastrophe zu sprechen, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft.  
Theologin Dorethä Sölle (1929-2003) Theologin, Publizistin und Friedensaktivistin): Angesichts der Barbarei auf der Welt, kann man sich nur an Gott erinnern.
Aufstehen für den Frieden! Heißt heute „Aufstehen für Gerechtigkeit“, die die Grundbedingung für den Frieden ist.
Eugen Drewermann den Reformator Johannes Calvin (1509-1564) zitierend: Wir müssen nicht Wein und Brot verwandeln, sondern die Menschen, dass wir uns nicht mehr länger an die Gurgel gehen und die Not des anderen begreifen.

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Und Günther Strack (1929-1999) in seiner Rolle als gottesfürchtiger Pfarrer Kempfert: "Genau sowenig wie Geld vom Himmel fällt, so wenig kann der hl. Geist oder Gott helfen. Wir müssen es tun, als Werkzeug Gottes. Wir können Gott bitten, uns die Einsicht und Kraft zu geben, es zu richten, aber wir können ihn nicht bitten, den Hunger aus der Welt zu schaffen, denn er hat uns alles gegeben, was wir zum Leben brauchen und es ist mehr als genug da für alle. Wir, nicht der "liebe Gott und hl. Geist sind zuständig was in der Nachbarschaft und in der Welt passiert. Er hat uns Gewissen, Verstand und als Vorbild Jesus gegeben, damit wir das Rechte tun können." Wer macht mit? Verantwortung in der Nachfolge!
Der dänische Religionsphilosoph Sören Kierkegaard (1813-1855): "Es gibt gar kein Christentum. Ganz Europa sei unterwegs in den Bankrott." Er glaubte, in einer Zeit ohne Leidenschaft und Engagement zu leben und wetterte gegen die laue und laxe Haltung der Kirche. Er sprach von einem so genannten Sonntagschristentum. Die meisten ließen sich doch nur wegen der Geschenke konfirmieren. Es reiche nicht, das Christentum für "wahr" zu halten, meinte er. Christlicher Glaube bedeute, in Jesu Fußstapfen zu treten. Gegen Luthers 95 Thesen stellte er eine einzige: Das Christentum sei praktisch verschwunden, denn das zeitgenössische habe mit dem des Neuen Testaments nicht mehr gemein. Sie brachte ihn zwangsläufig zur Kritik an der organisierten Kirche, die er in Zeitungen und auf eigenen Flugblättern angriff.

Matthäus 13,14:
An ihnen erfüllt sich die Voraussage des Propheten Jesaja: "Hört nur zu, ihr versteht doch nichts; seht hin, soviel ihr wollt, ihr erkennt doch nichts! Denn dieses Volk ist im Innersten verstockt. Sie halten sich die Ohren zu und schließen die Augen, damit sie ja nicht sehen, hören und begreifen, sagt Gott. Sonst würden sie zu mir umkehren und ich könnte sie heilen."

Der 32. Evangelischen Kirchentag in Bremen hatte das Motto "Mensch, wo bist du?" Die Bergpredigt und das Gleichnis vom barmherzigen Samariter gehören ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Sie sind die Meßlatte auch für die Dogmen und Kirchengesetze. Wenn dieser Kern des Evangeliums nicht als zentraler Punkt verkündet und nicht vorgelebt wird, dann wird Sören Kierkegaard weiter Recht haben, dass es gar kein Christentum gibt. Zu vergleichen mit einem Mercedes, der ohne Benzin nichts wert ist.

Hildegard von Bingen (1098-1179):
"Wir müssen wieder lernen, in den Himmel zu schauen. Sonst sind wir wie Vögel, die sich ihre Flügel an den Stäben des Käfigs solange stoßen, bis sie tot zu Boden fallen."

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1981 war in einer Kirchenzeitschrift zum 25. Todestag von Bert Brecht (1898-1956) zu lesen:
…Brecht klagte die Kirchen und die Christen an, wenn er ihnen vorwirft, ihr Interesse bestehe nur im Streben nach persönlichem, auf das Jenseits gerichtete Leben - ohne konsequente Beziehung zur jeweiligen Gesellschaftssituation. Seine Frage kreist nicht um die Existenz Gottes, sondern es geht ihm um das Verhalten des religiösen Menschen und die Folgen seines Handelns. Der Anspruch der Bibel - die ihn nach einer Selbstaussage stark beeinflusst hat und große Bedeutung für ihn gewann - beinhaltet nach seinem Verständnis eine gesellschaftskritische Funktion.
Jesus und die Schrift setzen sich, so glaubt er, gegen das Bestehende ein: Die Lehren Jesu könnten als Beispiel einer möglichen Überwindung und Beseitigung des Elends verstanden werden. Sie richten sich an den Menschen und fordern Nachfolge. Jesus greift sowohl die geistliche als auch die weltliche Obrigkeit rücksichtslos an, wenn sie die Entfaltung der Menschlichkeit verhindert.

Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Dieser Feststellung würde auch der geniale Dichter Georg Büchner (1813-1837), der "ungeratene Sohn", verfolgt und verteufelt ("Friede den Hütten, Krieg den Palästen"), ohne Abstriche zustimmen. Er musste wegen seiner Kampfschrift "Der Hess. Landbote" 1834 fliehen. Auch das ist Georg Büchner: "Ich verstehe nicht, warum die Leute nicht auf der Straße stehen bleiben und sich ins Gesicht lachen." Das gefällt mir, dass sehe ich auch so und der Heiland allemal.

Marguerita Sinclair: "Ein Lächeln im Vorübergehen den Menschen geschenkt, kann Sonne auf ihren Weg streuen, denn du weißt nie, wer sich in Leiden befindet."
Eva von Tiele-Winckler: "Werde ein Segen für alle, die dir begegnen. Du hast den Auftrag für alle und wäre es nur ein freundlicher Gedanke, ein Gruß, ein stummes Gebet."

Wir müssen wieder lernen, in den Himmel zu schauen. Das werde ich abzuarbeiten haben, mit Hilfe von wahren Nachfolgerinnen und Nachfolgern.
Den Kapuzinerpater, Bruder Paulus Terwitte, habe ich schon an meiner Seite.
24.01.06 Wiesbadener -Kurier "Katholiken benehmen sich wie Hasen im Stall" Selbst bei geöffneter Tür bleiben sie lieber wo sie sind, anstatt den Schritt nach draußen in die nötige Erneuerung zu wagen…
Und weiter berichtet Stefan Weiller: Dabei geht es dem redegewandten Pater, der gerne mal Arsch, Sau und Scheiße sagt und zur Zeit seinen Dienst in Frankfurt am Main versieht, vor allem um eines: "Er will das Evangelium ins Leben holen." Und dazu ist ihm manches Mittel recht…Für die katholische Kirche empfiehlt der Kapuzinerpater, "nach dem Evangelium zu leben und althergebrachte Strukturen zu verändern. -wir brauchen Feuer im Arsch!"

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Martin Niemöller (1892-1984): "Willst du Mensch sein, dann folge mir nach."
Wer macht mit?

Römer 13,12:
Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.

Gottes Gerechtigkeit heißt: Die Erde hört auf, eine Stätte der Ausbeutung, der Ungerechtigkeit zu sein. Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden gehören zusammen.
Wenn nun aber vom Reich Gottes auf diesem Planten herzlich wenig zu erkennen ist, dann muss ja was falsch gelaufen sein, dann stimmt was nicht, dann fehlt was, Kardinal Meisner. An der frohen Botschaft hat es nicht gelegen. Aber sie nahmen ihn nicht an.

Im Buch "Gott denken", auf Seite 154 von Dorothee Sölle (1929 – 2003): "Wir leben faktisch nicht für andere, wir plündern andere aus, wir leben für uns… Du bewunderst ihn vielleicht, aber du willst ihm nicht nachfolgen." Luther sagt: Man muss Christum ins Fleisch ziehen…

Erich Maria Remarque, der 1928 in sechs Wochen den Antikriegs-Roman Im Westen nichts Neues schrieb, kam zu der Feststellung: "Was ist alle Kultur wert, wenn so was geschehen kann?" Aber was geschah dann? Als er den Roman einem Verlag anbot, wurde ihm gesagt, er sei ein begnadeter Schriftsteller, er solle was anderes schreiben und wiederkommen: "Niemand will mehr was vom Krieg wissen." Aber für die einfachen Soldaten hatte er den Nerv getroffen. Goebbels wollte das Buch totschweigen. 1930 wurde das Buch in den USA verfilmt. 1933 wurde sein Buch bei der Bücherverbrennung verbrannt. Der in Osnabrück geborene Remarque emigrierte in die Schweiz. Seine Schwester, die sich abfällig über Hitler geäußert haben soll, wurde denunziert und vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und ermordet.

Hier fallen mir nur die Worte von der überzeugten Kriegsgegnerin und später grausam ermordeten Kommunistin und Pazifistin Rosa Luxemburg (1870-1919) ein:
Geschändet, entehrt, im Blute watend, von Schmutz triefend - so steht die bürgerliche Gesellschaft da, so ist sie. Nicht wenn sie geleckt und sittsam Kultur, Philosophie und Ethik, Ordnung, Frieden und Rechtsstaat mimt- als reißende Bestie, als Hexensabbat der Anarchie, als Pesthauch für Kultur und Menschheit, so zeigt sie sich in ihrer wahren, nackten Gestalt…

mit Seite 15 bis 86 geht dann Kapitel 1 im Buch weiter