
Kapitel 6 |
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Luther "…war nicht nur Strahlemann" | |
Rechtfertigungslehre statt Bergpredigt |
Seite 347
Nachdem ich an die wichtigsten Bibelstellen erinnert habe, gilt es nun noch auf die Ungereimtheiten und Missverständnisse der Rechtfertigungslehre des Reformators Martin Luther (1483-1546) einzugehen. Der Streit von Jahrhunderten kann damit dann aber auch endgültig zu den Akten gelegt werden.
Matthäus 5, Vers 20:
Ich sage euch: Wenn ihr auf Gottes Willen und Plan nicht sorgfältiger achtet und mit willigerem Herzen als die Schriftgelehrten (die Tag und Nacht forschen) und die Pharisäer (die bei jedem Schritt fragen, ob es recht sei, was sie tun), habt ihr keinen Zugang zu Gottes himmlischen Reich.
Die Rechtfertigungslehre ist heute so überflüssig wie ein Kropf. Als die Menschen vor rd. 500 Jahren unter Höllenängsten, Armut, Leibeigenschaft, Folter, Unterdrückung litten, mag das anders gewesen sein. Mit der frohen Botschaft, besonders mit der Bergpredigt, dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter ist ja alles gesagt, was der Herrgott und der jüdische Wanderprediger von seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern erwartet, um die Schöpfung in Barmherzigkeit zu vollenden. Der Kern der frohen Botschaft ist die Messlatte und sonst gar nichts.
Der Satz "Nur aus Glauben" führte ja zu unendlichen Diskussionen, was das nun zu bedeuten hat. Eine hervorragende Einladung erst mal nichts zu tun, z. B. nicht mit seinem Reichtum zu teilen.
Dietrich Bonhoeffer:
"Nur der Teufel hat eine Lösung des ethischen Konflikts anzubieten, und die heißt:
Bleibe in Fragen, dann bist du frei vom Gehorchen."
Luther: "Wer an seinem Nächsten vorübergeht, der geht auch an Gott vorüber."
Weder der Apostel Paulus noch der Reformator Luther haben jemals auf gerechte Werke verzichtet. Wenn wir keine guten Taten vollbringen, gibt es keine. Die Wohltaten fallen doch nicht vom Himmel. Das Geld für die Sozialämter kann nicht vom Herrgott zur Verfügung gestellt werden. Wir haben es zu richten und zu verantworten. Alles andere ist Gehirnwäsche.
Denn ich war hungrig, und ihr habt mir was zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht…
"Bin ich der Hüter meines Bruders? - Wir sind es.
So hat wohl auch der jüdische Religionswissenschaftler Pinchas Lapide dem
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Reformator Luther Unrecht getan, wenn er Paulus in einem Monolog in der Wormser Synagoge sagen lässt:
"Ich bin die missverstandenste Figur der Religionsgeschichte. Was hat nur der Luther aus meiner Lehre gemacht. Nie habe ich auf gerechte Werke verzichtet."
Hier haben wir dieses blöde Missverständnis. Luther hat niemals auf die guten Taten verzichtet. Punkt. Dann hätten wir ja auch die frohe Botschaft total missverstanden. Er hat sie doch beispielhaft vorgelebt. Luther: "Bemühen wir uns, morgen besser zu sein als heute."
Hier ist also Aufklärung angesagt.
Ein Auszug aus dem SPIEGEL 51/2003, Seite 76 ff, "Ich kann nicht anders":
- Zur Zeit Luthers hat der Vatikan den Ablass kommerzialisiert, um die Kirchenkassen zu füllen: Statt selbst ein gutes Werk zu tun, um die arme Seele aus dem Fegefeuer zu erlösen, kann der Ablassnehmer es auch mit Geld schaffen - er kauft einfach einen vom Papst bewilligten Ablasschrieb.
- Papst Leo X, braucht das Geld, um sich selbst ein Denkmal zu setzen: Er will in der Hauptstadt der Christenheit zu Ehren des Apostels Petrus einen neuen Riesendom bauen lassen…
- Gegen diesen Schacher mit dem Seelenheil verfasst der zornige Luther seine 95 Thesen. All diese Ablassprediger irren, verkündet er in These 21 "welche erklären, dass der Mensch durch den Ablass des Papstes von jeder Strafe los und frei werde".
- "Folglich" heißt es in These 24, "wird der größte Teil des Volkes betrogen, wenn man ihm schlankweg mit hohen Worten verspricht, es sei die Strafe los."
Und in These 75 nimmt er den Sündenaufkäufer Tetzel direkt an: "Die Meinung, dass der päpstliche Ablass stark genug sei, einen Menschen von der Sünde zu erlösen, falls er sogar, wenn s möglich wäre, die Mutter Gottes geschändet hätte, ist heller Wahnsinn."
Soweit aus dem SPIEGEL
Was sagte Luther: "Jesus befahl nicht den Ablass zu predigen, sondern das Evangelium."
Dazu aus "Ein Mensch namens Jesus" (SPIEGEL 21/1999, Seite 216) von
Rudolf Augstein:
…Niemand verstand und versteht es so wie die christlichen Kirchen, den Menschen mit Schuldgefühlen unter Spannung zu bringen. Ist der Druck auf einen kaum erträglichen Höhepunkt getrieben, konnten und können die Kirchen mit Gnadenmittel der Sündenvergebung zur Stelle sein. Vor allem die Kirche selbst fand so einen Weg, die christliche Lehre nicht zu befolgen und dennoch von den Folgen dies Nichtbefolgens freigestellt, "erlöst" zu werden.
mit Seite 349 bis 380 geht dann Kapitel 6 im Buch weiter